Ein ausgemusterter Airbus A320 wird im Dienste der Wissenschaft wiederbelebt. Das Hydrogen Aviation Lab, Hamburgs neues Feldlabor zur Erprobung von Wartungs- und Bodenprozessen für zukünftige wasserstoffbetriebene Flugzeuge, wurde heute eingeweiht.
Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, dessen Ministerium das Gemeinschaftsprojekt von Lufthansa Technik, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem ZAL Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung und dem Flughafen Hamburg gefördert hat, hat heute den umfunktionierten Airbus A320 inspiziert. Die Präsentation des Hydrogen Aviation Lab markiert auch den Startschuss für die Installation der Wasserstoffkomponenten in den kommenden Monaten.
Die Luftfahrtindustrie strebt eine Klimaneutralität an, wobei Wasserstoff als Energieträger der Zukunft allgemein eine Rolle spielen soll. Dafür braucht es nicht nur neue Flugzeuge, sondern auch neue Infrastruktur am Boden. Hamburg ebnet den Weg zu einer solchen Wasserstoffinfrastruktur: Lufthansa Technik, DLR, ZAL und Hamburg Airport haben sich zusammengeschlossen, um Wartungs- und bodengebundene Prozesse für die Wasserstofftechnologie zu konzipieren und zu testen. Das Projekt wird von der Behörde für Wirtschaft und Innovation Hamburg und der Hamburger Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) gefördert.
Heute hat das Projekt einen neuen Meilenstein erreicht. Lufthansa Technik hat das Flugzeug, das 30 Jahre als „Halle an der Saale“ für die Lufthansa Group geflogen ist, auf seine entscheidende nächste Phase vorbereitet. In den kommenden Monaten wird das Hydrogen Aviation Lab mit einer vollständigen Reihe von Testsystemen, einem internen Flüssigwasserstofftank und einer Bordbrennstoffzelle ausgestattet, kombiniert mit einer unterstützenden Wasserstoffinfrastruktur am Boden.
Lufthansa Technik CEO Soeren Stark, DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla, ZAL-Geschäftsführer Roland Gerhards und Michael Eggenschwiler, CEO Hamburg Airport, trafen sich mit Senator Westhagemann, um sich das neue Labor genauer anzusehen und Einblicke in die Konzeption und Projektausrichtung zu geben. Während dieser Airbus A320 nicht mehr in die Lüfte fliegt, kann er zu Standorten der Lufthansa Technik Basis und des Hamburger Flughafens geschleppt werden, um bodengebundene Prozesse real zu untersuchen.
Senator Michael Westhagemann kommentiert: „Hamburg hat mit dem Hydrogen Aviation Lab ein großartiges Projekt gestartet. Es wird einen wertvollen Beitrag leisten, um die Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff für die Luftfahrt zu ermöglichen. Der Fokus auf Wartungs- und Betankungsverfahren soll uns Erkenntnisse liefern, die für die Entwicklung der Wasserstoffinfrastruktur wichtig sind. Mit diesem Praxislabor können wir Hamburgs Strategie, die Luftfahrt nachhaltiger zu gestalten, um einen entscheidenden Baustein ergänzen. Dabei verfolgen wir zwei strategische Ziele: den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Hamburg und die Dekarbonisierung der Mobilitätsindustrien. Wir freuen uns sehr, dieses weltweit erste Projekt durch den Special Aviation Fund ermöglichen zu können.“
Mit dem Hydrogen Aviation Lab wollen die Projektpartner die Handhabung und Wartung von wasserstoffbetriebenen Flugzeugen vorbereiten, die noch vor Mitte des nächsten Jahrzehnts in Betrieb genommen werden sollen. Aber das Labor wird auch Entwickler zukünftiger Generationen von wasserstoffbetriebenen Flugzeugen ermutigen, indem es dabei hilft, Verfahren und Sicherheitsniveaus bei Wartungsarbeiten oder Bodenabfertigung zu optimieren.
Ein besonders markantes Beispiel ist das Tanken mit flüssigem Wasserstoff (Liquid H2oder LH2 in Kürze). Mit der aktuellen Technologie könnte das Auftanken für einen Langstreckenflug möglicherweise mehrere Stunden dauern. Angesichts des Drucks auf die Lieferzeiten von Flugzeugen in der Luftfahrtindustrie wäre dies eindeutig nicht praktikabel. Das Hydrogen Aviation Lab soll diesen und viele andere Forschungsbereiche adressieren (siehe Beispiele unten).
Forschungsschwerpunkte und zentrale Fragestellungen im Hydrogen Aviation Lab:
- Tanken mit flüssigem Wasserstoff:
- Wie lässt sich Wasserstoff optimal in die bestehende Flughafeninfrastruktur integrieren?
- Wie stellen wir wettbewerbsfähige Tankzeiten und -abläufe sicher?
- Wie verhindern wir Überfüllung und Verschwendung von Wasserstoff?
- Kühlung, Isolierung und Arbeitssicherheit:
- Wie verhindern wir Eisbildung auf Teilen und Oberflächen?
- Welche zusätzlichen Schutzanforderungen können sich im Arbeitsbereich ergeben (z. B. No Step / No Grab, Persönliche Schutzausrüstung)?
- Austritt von Wasserstoffgas, sogenanntes „Boil-Off“:
- Wie verhindern wir das unkontrollierte Entweichen von LH2, wenn es gasförmig wird (GH2)?
- Welche Sicherheitsprotokolle sind für den Umgang mit Wasserstoff erforderlich, beispielsweise beim Betanken und Speichern?
- Wie können wir entkommenes GH2 bergen und wieder nutzbar machen?
- Gespeicherten Wasserstoff inertisieren:
- Welche Schutzmaßnahmen sollten ergriffen werden, um die Gefahren von Wasserstoffbränden zu verringern?
- Wie könnten geeignete Sicherheitsprotokolle aussehen?
- Welche Schulungen sollten für das Boden- oder Wartungspersonal entwickelt werden?
Parallel zur Forschung mit der physischen Hardware des Hydrogen Aviation Lab umfasst das Projekt auch die Erstellung eines sogenannten digitalen Zwillings des Airbus A320. Darüber hinaus werden Simulationen es den Forschern ermöglichen, vorausschauende Wartungsmethoden für die Systeme und Komponenten zukünftiger Flugzeuggenerationen zu entwickeln und zu testen. So könnten durch gezielte Datenanalyse Ausfälle von Wasserstoffkomponenten und -systemen vorhergesagt werden, bevor sie im physischen System ausfallen, was einen zeitnahen Austausch ermöglicht, bevor defekte Teile den Flugzeugbetrieb beeinträchtigen.
Vorgestelltes Bild Bild zugeschrieben: Lufthansa Technik AG/Kai Hager