Sonntag, 29. November 2020
Fünf Unternehmen weltweit können 300-Millimeter-Wafer herstellen. Jetzt will Nummer drei Nummer vier kaufen und Nummer zwei werden. Der Verwaltungsrat hält das Angebot für angemessen. Für Fabriken und Mitarbeiter in Bayern und Sachsen sollte sich vorerst nichts ändern.
Der Münchner Chiplieferant Siltronic steht kurz vor dem Verkauf nach Taiwan. Siltronic gab bekannt, dass es kurz vor einer Einigung mit dem Rivalen GlobalWafers steht, der dem MDax-Unternehmen insgesamt 3,75 Milliarden US-Dollar anbieten wollte. GlobalWafers bietet 125 Euro pro Aktie, elf Prozent mehr als der Schlusskurs am Freitag. Das Management von Siltronic hält den Kaufpreis für „attraktiv und angemessen“. Die Taiwaner besitzen mit ziemlicher Sicherheit 30,8 Prozent von Siltronic. Der Großaktionär Wacker Chemie steht kurz vor einer Einigung mit GlobalWafers, sein Aktienpaket zum angebotenen Preis anzubieten. Auch die Geschäftsführung des Münchner Familienunternehmens hält das Angebot für angemessen. Wafer sind das Fundament der meisten Halbleiterbauelemente.
Die Akquisition würde die Konsolidierung auf dem globalen Wafermarkt beschleunigen. Fünf Unternehmen können 300-Millimeter-Wafer herstellen – die modernsten Siliziumwafer, aus denen Mikrochips gestanzt werden. Marktführer ist bislang das japanische Unternehmen Shin-Etsu mit 30 Prozent. GlobalWafers belegt mit 17 Prozent den dritten Platz, Siltronic mit 13 Prozent den vierten Platz. Mit der Übernahme würden sie zumindest Nummer zwei, Sumco, überholen.
Im Jahr 2019 erzielte GlobalWafers einen Umsatz von 2 Milliarden US-Dollar, während Siltronic 1,3 Milliarden US-Dollar erreichte. In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 ging der Umsatz von Siltronic um 4,5 Prozent auf 923 Millionen Euro und das Betriebsergebnis (Ebitda) um 17 Prozent zurück.
Die Verhandlungen seien seit Monaten im Gange, sagte Siltronic. Ein verbindlicher Fusionsvertrag sollte in der zweiten Dezemberwoche unterzeichnet werden, sobald die Aufsichtsräte ihre Zustimmung erteilt haben. Der Aktienkurs von Siltronic ist seit Beginn der Gespräche stark gestiegen. Allein im November stieg sie um etwa die Hälfte und am Freitag schloss die Aktie bei 113,55 Euro.
Die Koronakrise schockierte zunächst die Chipindustrie, aber es hat sich nun gezeigt, dass einige Unternehmen sogar von der Pandemie profitieren, die zu einem Anstieg der Digitalisierung führte. Die Aktionäre von Siltronic erhalten für die Akquisition eine Dividende von zwei (2019: drei) Euro je Aktie. Laut dem in München ansässigen Unternehmen will das taiwanesische Unternehmen die Strategie bei Siltronic nicht ändern. Die Fabriken in Burghausen in Bayern und Freiberg in Sachsen bleiben bis Ende 2024 geschützt. Bis dahin sind auch Entlassungen aus betrieblichen Gründen ausgeschlossen. Das Unternehmen beschäftigt rund 3.700 Mitarbeiter, fast zwei Drittel davon in Deutschland.