V. V.Von den vielen „My Years with Donald“ -Büchern, die in den kommenden Jahren über die Trump-Ära geschrieben werden sollen, hätten William Barrs Erinnerungen sicherlich die besten Chancen, es auf die Bestsellerlisten zu schaffen. Leider muss man dies im Konjunktiv formulieren. Denn die einem Justizminister übertragene Geheimhaltung gilt auch außerhalb der Amtszeit. Barr bleibt also das größte Rätsel der Trump-Administration.
Majid Sattar
Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.
Der Republikaner hat sich seit den Präsidentschaftswahlen kaum ausgesprochen. Als Barr vor drei Wochen ein Memorandum veröffentlichte, in dem er seine Bundesanwälte aufforderte, „erhebliche Vorwürfe der Abstimmung und Zählung von Unregelmäßigkeiten“ zu untersuchen, war Washington nervös: Würde Barr die Justiz wirklich zu einem Instrument in Trumps Verschwörung machen? Aber selbst zu dieser Zeit gab es Anzeichen dafür, dass er sich mehr darum kümmern könnte, den Präsidenten zu beschwichtigen. Immerhin war es Barr, der vor der Wahl klar machte, dass sich Strafverfolgungsbeamte nicht von Trumps Wahlkampfteam erwischen lassen würden. Sehr zum Leidwesen des Präsidenten kündigte er an, dass der von ihm ernannte Bundesstaatsanwalt John Durham seine Ergebnisse zur Untersuchung der Ursprünge der Russland-Affäre vor den Wahlen nicht mehr vorlegen werde. Trumpf verlangte natürlich, dass Joe Biden angeklagt wird.
„Keine Hinweise auf systemische Vorfälle“
Am Dienstag beschloss Barr, einen vorläufigen Stand der Wahlbetrugsuntersuchung mitzuteilen. Er sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press: „Bis heute haben wir keinen Betrug in einer Größenordnung gesehen, die zu einem anderen Wahlergebnis hätte führen können.“ Mit der Erklärung erkennt der Justizminister den Wahlsieg an. Bidens eigentlich. Barr fuhr fort, dass sich die meisten Vorwürfe auf Einzelfälle beziehen. Es gibt keine Hinweise auf „systematische“ Vorfälle. Dies widersprach natürlich der Behauptung des Präsidenten, die Zählmaschinen seien manipuliert worden.
Trumps Anwaltsteam entließ die Vertretung sofort. Es gab „keinen Hinweis“ auf eine Untersuchung durch das Justizministerium, hieß es Rudy Giuliani und Jenna Ellis. Sie antworteten: „Wir haben in mindestens sechs Staaten umfangreiche Beweise für illegale Abstimmungen gesammelt.“ Das Ministerium hatte diese Beweise und Aussagen nicht überprüft. Barr scheint sich seine Meinung „ohne Kenntnis oder Untersuchung der wesentlichen Unregelmäßigkeiten und Beweise für systematischen Betrug“ gebildet zu haben. Was sie nicht gesagt haben: Dutzende ihrer Klagen wurden bisher von den Gerichten abgewiesen – oder von den Anwälten selbst fallen gelassen. Und: Diese sechs umstrittenen Staaten haben jetzt alle Bidens Wahlsieg bestätigt.