Die deutschen Wettbewerbsbehörden haben seit Inkrafttreten der neuen Regeln im Januar Druck auf US-Tech-Riesen ausgeübt. Allerdings könnte das derzeit auf EU-Ebene diskutierte Digital Markets Act (DMA) den auf Großtechnologie ausgerichteten Teil des deutschen Rechts ablösen. EURACTIV Deutschland berichtet.
Nachdem das Bundeskartellamt am Montag (21. Juni) ein Verfahren gegen Apple eröffnet hat, werden nun alle „Big Four“ US-Tech-Unternehmen von deutschen Behörden auf wettbewerbswidriges Verhalten überprüft.
„Dass jetzt vom Bundeskartellamt Verfahren gegen alle großen Plattformen – Google, Amazon, Facebook und Apple – eingeleitet wurden, zeigt, dass wir hier ein sehr scharfes Schwert gemacht haben“, sagte Falko Mohrs, ein sozialdemokratischer Gesetzgeber, der Mitglied des Bundestagsausschusses Digitale Agenda.
Als „scharfes Schwert“ bezeichnet Mohrs die im Januar in Kraft getretene Novelle des Wettbewerbsbeschränkungsgesetzes (GWB). „Kern der ELV-Novelle“ ist laut Mohrs Artikel 19a, der es ermöglicht, digitale Plattformen mit marktübergreifender und marktbeherrschender Stellung gezielt anzusprechen.
„§ 19a wurde entwickelt, um präventiver und schneller agieren zu können und bestimmte Verhaltensweisen und Praktiken leistungsstarker digitaler Plattformen zu verbieten“, sagte Mohrs gegenüber EURACTIV.
Deutsches GWB vs. EU-DMA
Mit dem GWB-Digitalisierungsgesetz habe Deutschland „das weltweit erste Kartellrecht geschaffen, das Antworten auf die Herausforderungen digitaler Märkte gibt“, sagte Hansjörg Durz (CSU), stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsausschusses Digitale Agenda.
„Ein kleines Stück Geschichte“ sei geschrieben worden, sagte Durz gegenüber EURACTIV. Auch das deutsche Gesetz habe ihm zufolge maßgeblich dazu beigetragen, „dass wir jetzt auch in der EU über die Spielregeln einer sozialen digitalen Marktwirtschaft sprechen“.
Durz verweist auf den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Gesetz über digitale Märkte (DMA) Dezember vorgelegt und wird nun auf europäischer Ebene verhandelt. Wie der GWB versucht auch der DMA, die dominante Stellung großer Digitalunternehmen einzudämmen.
Bei diesem parallelen Ansatz geht es jedoch, wie Mohrs betonte, nicht um einen „Regulierungswettbewerb“, sondern um die gegenseitige Inspiration für den Umgang mit Tech-Giganten.
Anders als die DMA stütze sich die GWB bei der Bestimmung der angestrebten Plattformen auf abstrakte Rechtskonzepte, unterstützt durch eine vom DMA inspirierte Beispielliste, erklärte Durz.
„Hier wurden wir von der DMA inspiriert. Gerade in komplexen Situationen können beispielhafte Regeln als Orientierungsrahmen dienen. Sie sollten jedoch nicht so überzeugend formuliert sein, dass sie einschränkend wirken“, sagte Mohrs.
Die Abgrenzung des Geltungsbereichs ist gerade einer der Hauptunterschiede zwischen DMA und ELV. Während die deutschen Änderungen nur Aspekte erwähnen, die das Bundeskartellamt leiten, sei die Definition digitaler Konglomerate – sogenannter Gatekeeper – im DMA „statisch und an Nutzerzahlen und Plattformdienste gebunden“, sagte Durz.
Der EU-Ansatz hat nach Durz den Vorteil einer klaren Definition der ‚Standardadressaten‘, birgt aber „das Risiko, dass Unternehmen zu vom Gesetzgeber nicht als solche gewollten Standardadressaten werden“.
Deutschlands Bedenken bezüglich des DMA
Der DMA-Vorschlag der Kommission und die Änderungen an den Altfahrzeugen stehen jedoch derzeit im Widerspruch und müssen irgendwann angepasst werden.
Laut DMA dürfen die EU-Länder den Gatekeepern keine zusätzlichen rechtlichen Verpflichtungen auferlegen. In seiner jetzigen Form würde es daher § 19a ELV aufheben, was für Deutschland problematisch werden könnte, wenn das DMA weniger streng als das ELV wäre.
Solche Befürchtungen haben die deutsche, französische und niederländische Regierung bereits im Mai dazu veranlasst, die DMA aufzufordern, den Mitgliedstaaten mehr Spielraum zu geben, um die dominierende Stellung der Technologiegiganten einzudämmen.
Allerdings, so Mohrs, sollten beim DMA „nationale Eitelkeiten“ beiseite gelegt werden, denn gegen global agierende Unternehmen müsse auf europäischer Ebene vorgegangen werden.
Wenn jedoch „das DMA weniger streng ist als § 19a ELVs, sollten strengere nationale Vorschriften nicht durch das DMA ersetzt werden“, fügte Mohrs hinzu.
Was Durz angeht, so betonte er auch, dass das DMA „eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben zur Regulierung der digitalen Wirtschaft – in Europa, aber auch weltweit“ sei. Daher besteht er darauf, dass einige Teile des DMA verbessert werden müssen.
Durz forderte, dass der DMA „flexibler“ und „offener für den technologischen Wandel“ sei, und wies darauf hin, dass der deutsche Ansatz zu „abstrakten Rechtsnormen“ der richtige Weg sei, um sicherzustellen, dass der DMA mit der rasanten Entwicklung der digitalen Technologie Schritt halten kann . kann mit den Märkten mithalten.
Durz forderte auch, die nationalen Wettbewerbsbehörden stärker in den Prozess einzubeziehen – eine Forderung, die bereits Andreas Schwab, DMA-Berichterstatter des Europäischen Parlaments, gestellt hat.
In einem Berichtsentwurf, forderte Schwab die Schaffung einer „hochrangigen Gruppe digitaler Regulierungsbehörden“, um die Kommission bei der Überwachung und Einhaltung der DMA-Regeln zu unterstützen.
„Wir brauchen einen Modus vivendi der Zusammenarbeit zwischen nationalen und europäischen Wettbewerbsbehörden“, sagte Schwab gegenüber EURACTIV.
[Edited by Frédéric Simon]