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Hohe Energiepreise: Deutsche Stahlwerke sind im Nachteil

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Hohe Energiepreise: Deutsche Stahlwerke sind im Nachteil

Stand: 29.09.2022 09:00 Uhr

Die Stahl- und Aluminiumindustrie ächzt unter den hohen Preisen für Strom und Gas. Dies hat auch Folgen für die Produktion in Deutschland. Der Stahlkonzern ArcelorMittal warnt vor Arbeitsplatzverlusten.

Die Energiekrise trifft nicht nur Haushalte hart. Auch die Unternehmen, insbesondere die energieintensiven Branchen, spüren die Auswirkungen. Hohe Strom- und Gaspreise haben die Produktionskosten in der Stahlindustrie in schwindelerregende Höhen getrieben. Aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise sehen sich einige Unternehmen nun gezwungen, ihre Produktion zu reduzieren.

Europas größter Stahlkonzern ArcelorMittal schließt zwei Systeme im Norden ab Oktober, gab das Unternehmen Anfang September bekannt. Erstmals seit der Gründung des Stahlwerks im Hamburger Hafen im Jahr 1969 wird das Reduktionswerk ab Oktober geschlossen. Einer der beiden Hochöfen am Bremer Flachstahlstandort wird bis auf Weiteres stillgelegt.

Jährlicher Stromverbrauch wie die Stadt Kiel

ArcelorMittal produziert in seinem Werk in Hamburg rund 700.000 Tonnen Walzdraht pro Jahr. Es verbraucht mehr Strom und Gas als jedes andere Unternehmen in der Hansestadt. In der Reduktionsanlage werden Eisenerzpellets mit Erdgas zu Eisenschwamm umgewandelt, der für die Rohstahlerzeugung genutzt wird.

„Im Schnitt verbrauchen wir im Jahr eine Terawattstunde Strom – so viel wie die Stadt Kiel – und zwei Terawattstunden Gas“, sagte der Leiter des Stahlwerks, Uwe Braun, der Wochenzeitung „Die Zeit“. Da unter solchen Bedingungen derzeit nicht wettbewerbsfähig agiert werden kann, hat der Konzern die Produktion bereits deutlich reduziert.

Aluminiumhersteller fährt Produktion herunter

ArcelorMittal ist jedoch nicht allein mit seinen Problemen. Der Aluminiumhersteller Trimet hat die Produktion an seinen Schmelzstandorten in Essen, Voerde (NRW) und Hamburg bereits im Oktober 2021 reduziert, sagte ein Unternehmenssprecher. „Aufgrund des aktuellen Strompreisniveaus sind die Kosten der Aluminiumproduktion derart gestiegen, dass eine kostengünstige, geschweige denn eine rentable Produktion nicht mehr möglich ist“, heißt es in der Mitteilung.

Nach Angaben des Statistischen Amtes Nord verbrauchten die metallerzeugenden Unternehmen in Hamburg im Jahr 2020 12.573 Terajoule (rund 3,5 Terawattstunden) Strom. Das waren fast 30 Prozent des Gesamtverbrauchs der Stadt von 42.169 Terajoule (11,7 Terawattstunden).

Noch längere Arbeitszeitverkürzung bei Thyssenkrupp

Die Energiekrise hat auch bei Deutschlands größtem Stahlkonzern Thyssenkrupp ihre Spuren hinterlassen. Die Stahlsparte des MDAX-Konzerns wird laut Betriebsrat noch lange von Kurzarbeit ausgehen. Thyssenkrupp nutzt seit rund drei Monaten Kurzarbeit, sagte Tekin Nasikkol, Vorsitzender des Stahlbetriebsrats, gestern nach einer Betriebsratssitzung in Duisburg.

Von Kurzarbeit ist im großen Stil aber noch keine Rede. Im September waren es laut Betriebsrat rund 150 Beschäftigte in Duisburg. Hinzu kommen die Standorte Bochum und Siegerland.

Rezession führt zu sinkender Nachfrage

Höhere Produktionskosten aufgrund hoher Energiepreise sind nicht die einzige Herausforderung für die Stahl- und Aluminiumindustrie. Auch die Hersteller leiden infolge der Rezession unter einer rückläufigen Nachfrage – etwa aus der Autoindustrie –, die wiederum durch hohe Energiekosten verursacht wurde.

Zudem leiden vor allem die Unternehmen in der EU unter den hohen Energiepreisen. Die Konkurrenz im Ausland kann mitunter deutlich günstiger produzieren und ihre Waren auch entsprechend günstiger anbieten. Dies verschafft ihm einen enormen Wettbewerbsvorteil und eine Ausweitung seines Marktanteils.

Kein Wunder also, dass ArcelorMittal-Werksleiter Braun angesichts der aktuellen Entwicklungen vor einer Abwanderung der Branche ins Ausland warnt. „Ich habe große Angst, dass das passieren könnte“, sagte er der Zeitung „Die Zeit“. Auf europäischer Ebene könnte ein europaweiter Strompreis helfen.

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