Der Preiskampf hat begonnen: Autoversicherer nutzen heute Sonderangebote, um Kunden anzulocken, die Werbung machen wollen. Fahrer können ihre Police bis Ende November kündigen. In diesem Jahr sollte sich ein Versicherungswechsel besonders lohnen – wegen Corona.
Gute Nachrichten, nicht nur für Unfallstatistiker: Da viele Bürger im Home Office arbeiten und ihr Auto stehen lassen, ist die Zahl der Unfälle auf deutschen Straßen dramatisch gesunken. Nach Berechnungen der Hannover Rück ist die Zahl der Schadensfälle allein im ersten Halbjahr um 16 Prozent gesunken. Für das Gesamtjahr 2020 erwartet Andreas Kelber, Leiter der deutschen Automobilindustrie bei der Hannover Rück, 12 Prozent weniger Schaden als im Vorjahr. Marktführer HUK-Coburg geht von einem um fünf Prozent niedrigeren Schaden aus.
Corona liefert Autoversicherern Rekordgewinne
Dies spart den Versicherern Hunderte von Millionen an Zahlungen. Sie können also für 2020 einen Rekordgewinn erwarten. Die Hannover Rück erwartet für die Kfz-Versicherung ein Jahresergebnis von 2,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2019 betrug der Gewinn nur 0,4 Milliarden Euro.
Autofahrer profitieren von dieser Entwicklung: Zum ersten Mal seit Jahren sinken die Prämien. Hannover Re gab kürzlich bekannt, dass die durchschnittliche Prämie in der Kfz-Haftpflichtversicherung im Juli um 0,8 Prozent und in der Dauerversicherung um 1,9 Prozent gesunken ist.
Einzelne Versicherer erhalten eine Prämie zurück
HUK-Coburg hat seinen Kunden bereits versprochen, einen Teil der Beiträge zurückzuzahlen. „Wenn der Schaden gering bleibt, lassen wir unsere Kunden an den Kosteneinsparungen teilnehmen. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass dies erheblich sein wird“, sagte eine Sprecherin gegenüber boerse.ARD.de. Sie ließ offen, wie hoch die Prämie sein würde. Das Angebot gilt nur für HUK-Kunden, die nicht zum Wettbewerb wechseln. „Die Prämie wird nur an diejenigen gezahlt, die 2020 bei uns gegen Schäden versichert waren und die mindestens bis zur Festlegung des spezifischen Betrags im Frühjahr 2021 Kunden bleiben“, erklärte eine Sprecherin.
Die Allianz kündigte außerdem an, ihre Kunden zu entlasten und ihnen die Teilnahme an der günstigeren Schadenerfahrung zu ermöglichen. Frank Sommerfeld, Leiter der Inhaltsversicherung bei der Allianz Deutschland, machte im Frühjahr deutlich, dass diejenigen, die weniger fahren, weniger bezahlen.
Die außergewöhnliche Corona-Situation dürfte den Preiskampf zwischen Autoversicherern weiter befeuern. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Check24 ist der Durchschnittspreis für eine Haftpflichtversicherung von 337 EUR im Juli auf 303 EUR im Oktober gesunken.
Weitere Preissenkungen in der wechselnden Jahreszeit
In der wechselnden Jahreszeit, die traditionell im November ihren Höhepunkt erreicht, können die Preise weiter fallen. Versicherer konkurrieren mit großen Werbe- und Marketingkampagnen um neue Kunden. So bietet Allianz Direct, die neue Online-Versicherungsgesellschaft der Allianz, ihren bestehenden Kunden eine Empfehlungsprämie von bis zu 300 Euro.
„In diesem Herbst haben Autobesitzer noch mehr Gründe als sonst, ihre Autoversicherung zu überprüfen“, sagt die Stiftung Warentest. Durch die Reduzierung der Unfallzahlen konnten die Versicherer Kosten sparen und haben nun mehr Flexibilität bei den monatlichen Prämien. Die Verbraucherschutzorganisation spricht von einem Einsparpotenzial von mehreren hundert Euro bei vergleichbaren Leistungen.
Das Analyseunternehmen Franke und Bornberg hat die besten Preise ermittelt. In der aktuellen Bewertung erhielten 13 Produkte das hochwertige FFF + (ausgezeichnet).
Kosteneinsparungen sind auch ohne Änderung möglich
Die Kosten für die Kfz-Versicherung können auch ohne Wechsel gesenkt werden. Wenn Sie beispielsweise nicht monatlich, sondern jährlich auf einen Schlag für die gesamte Police bezahlen, sparen Sie zehn Prozent Geld. Und wenn Sie das Auto selbst fahren und es nicht mit anderen Familienmitgliedern teilen, ist die Police auch günstiger. Besitzer älterer Fahrzeuge (über 12 Jahre) sollten prüfen, ob eine Vollkaskoversicherung noch sinnvoll ist. Darüber hinaus können die Kosten für Werkstattverpflichtungen um zehn bis 20 Prozent gesenkt werden.
Telematikraten können sich auch für umsichtige Fahrer auszahlen. Hier gewähren die Versicherer Rabatte von zehn bis dreißig Prozent. Der Preis dafür: Der Fahrer wird überprüft. Er muss einen digitalen Sensor im Auto oder eine Handy-App installiert haben, um den Fahrstil des Fahrers zu überwachen.
Im Jahr 2021 könnten die Prämienreduzierungen für Kfz-Versicherte bereits vorbei sein. Dann dürften die Prämien zumindest im bestehenden Geschäft leicht steigen, prognostiziert die Hanover Re. Wenn sich die Verluste wieder normalisieren, dürfte die Branche wieder in die roten Zahlen rutschen.
Veränderte Mobilitätsbedürfnisse setzen die Versicherer unter Druck
Zunehmendes Carsharing, der Trend zur Elektromobilität und die immer engere Vision des autonomen Fahrens könnten das Geschäftsmodell der Oldtimer-Versicherer in Zukunft durcheinander bringen. Da immer mehr Menschen ein Auto fahren, das sie nicht mehr besitzen, werden neue Versicherungsmodelle benötigt.
Einzelne Hersteller wie Daimler haben auf die sich ändernden Mobilitätsbedürfnisse reagiert und werden ihre Autos künftig selbst versichern. Ab 2021 bietet Movinx, ein Joint Venture von Daimler und Swiss Re, mit dem Kauf eines neuen Mercedes eine Kfz-Versicherung an. Der Dienst wird zunächst in Frankreich gestartet, aber auf andere Länder ausgeweitet. Einmal auch in Deutschland. Daimler müsste dann wahrscheinlich nicht mehr mit Versicherern über die Schadensklassifizierung der neuen halbautonomen Fahrzeuge und über die Versicherungskosten für Kunden verhandeln.
Sollte sich das selbstfahrende Auto eines Tages tatsächlich auf den deutschen Straßen etablieren, könnten die Autoversicherer einem großen Einbruch ausgesetzt sein. Der Verband der deutschen Versicherungswirtschaft schätzt bereits, dass die Schadenausgaben in den nächsten 15 Jahren um bis zu 15 Prozent sinken werden.
Welche: boerse.ard.de