Trotz falscher Prognose |
EZB-Chef denkt nicht an Rücktritt
Deutschland und Europa werden noch bis mindestens 2024 unter dem Preisschock leiden.
Das erwartet der Chef der Eurobank EZB. EZB-Präsidentin Christine Lagarde (66) verfehlt wohl ihr Hauptziel für vier Jahre: stabile Preise und eine Inflation von 2 Prozent.
„Ich stehe zu meiner Verantwortung“, sagte der EZB-Chef reumütig. Die Bank habe im Kampf gegen den teuren Schock „Fehler gemacht“. Aber mögliche Folgen? Nein!
Auf die Frage von BILD, ob Lagarde einen vorzeitigen Abgang aus der EZB-Spitze (sie wird bis 2027 gewählt) erwäge, sagte ein EZB-Sprecher: „Nein.“
Unverantwortlich für FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler (53): „Frau Lagarde ist die falsche Wahl, ihr mangelt es an Wirtschaftsexpertise. Sie muss schon vor langer Zeit gekündigt haben.“
Durch die Anhebung des Leitzinses auf 1,25 % muss nun die Inflation bekämpft werden. Steigende Zinsen sind jedoch gerade für hoch verschuldete EU-Staaten ein echtes Problem, da sie künftig deutlich mehr für ihre Schulden bezahlen müssen.
Beispiel Italien: Das Land ist zu 134,8 Prozent der eigenen Wirtschaftsleistung verschuldet (zum Vergleich: Deutschland 59,8 Prozent), wodurch Italien etwa 2,4 Prozent mehr für seine Schulden zahlen muss als Deutschland.
Für Beobachter ist die wachsende Kluft zwischen Deutschland und Italien ein Warnsignal und erste Hedgefonds setzen nun darauf, dass das südliche EU-Land scheitert.
Einigkeit im Verwaltungsrat in Gefahr?
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der EZB-Rat, der die Zinspolitik der Notenbank überwacht, auseinanderdriften könnte.
Volkswirt Jan Schnellenbach (49) zu BILD: „Generell lässt sich sagen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Abstimmungsverhalten der EZB-Ratsmitglieder und der Finanzpolitik in ihrem Heimatland gibt. Mitglieder aus hoch verschuldeten Ländern wehren sich oft gegen Zinserhöhungen.“
Die EZB beruhigt: „Die Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte am 8. September wurde vom EZB-Rat einstimmig beschlossen. Präsidentin Lagarde unterstützte und förderte die Zinswende im Juli und die von Anfang an beschlossenen Zinserhöhungen.“
Zuletzt warnte Bundesbankpräsident Joachim Nagel (56) vor einer zweistelligen Inflation: „Im Herbst ist eine Inflation von 10 Prozent möglich“, sagte er der Rheinischen Post am 20. August.
Deshalb schließt die EZB weitere Zinserhöhungen nicht aus: „Wie Präsidentin Lagarde wiederholt betont hat, wird die EZB alles Notwendige tun, um die Inflation mittelfristig wieder auf das 2%-Ziel zu bringen. Deshalb hat der Präsident bereits weitere Zinserhöhungen für die nächsten Sitzungen angekündigt“, sagte ein EZB-Sprecher gegenüber BILD.