Elektroautos werden mit niedrigeren Betriebskosten, insbesondere Strompreisen, beworben. Letzteres kletterte jedoch zuletzt in Deutschland auf einen neuen Rekord. Eine Kilowattstunde Strom kostet für Privathaushalte aktuell durchschnittlich 30,4 Cent – so viel wie nie zuvor, fand das Vergleichsportal Verivox im August. Der Strompreis ist seit der Jahrtausendwende gestiegen mehr als verdoppelt. Volkswagen-Chef Herbert Diess sieht eine Trendwende.
„Strom wird nicht immer teurer, Strom wird auf Dauer billiger“, sagt Diess WirtschaftsWoche. Schon heute würde Wind- oder Solarstrom aus Deutschland etwa fünf Cent pro Kilowattstunde kosten. „Damit würde ich hundert Kilometer mit einem Elektroauto für etwa einen Euro fahren, wenn ich nur die Erzeugung und ohne EEG-Umlage und Vertriebskosten betrachte“, erklärt der Volkswagen-Chef.
Diess richtet Europas größten Automobilhersteller auf Elektromobilität aus. Er wirbt vor allem für die Umweltfreundlichkeit von E-Autos, aber auch für die attraktiveren Wartungskosten im Vergleich zu Verbrennungsmotoren. Batteriemodelle kosten aktuell noch deutlich mehr in der Anschaffung als konventionell angetriebene Fahrzeuge, daher sind Einsparungen bei der Wartung und beim „Betanken“ mit Strom ein wichtiges Verkaufsargument.
Ein zentraler Faktor für die weitere Entwicklung der Strompreise ist der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa. Der Umstieg auf Elektroautos ist nur dann wirklich umweltfreundlich, wenn sie mit „grünem“ Strom produziert und geladen werden. Aber auch andere Industrien brauchen immer mehr Energie, die im Hinblick auf die Klimaziele immer nachhaltiger werden muss. Die steigende Nachfrage nach (grünem) Strom trifft derzeit auf ein unzureichend wachsendes Angebot. Deutschland wird nächstes Jahr die Atomkraft stoppen, Kohlekraftwerke müssen bis spätestens 2038 abgeschaltet werden. Doch Bürokratie und Proteste blockieren den Ausbau der Erneuerbaren. Der Energiesektor steht daher vor großen Herausforderungen.
Um dem Kunden ein attraktives Angebot machen zu können, vertreibt Volkswagen über seine Tochtergesellschaft Ellice sogar grüne Energie. Tesla dringt auch in den Strommarkt ein; Über ein eigenes Ladenetz „Supercharger“ bietet der amerikanische Hersteller von Elektroautos seit langem relativ günstigen Ladestrom für unterwegs an. Mittlerweile hat es Tesla auch in Deutschland ein Ökostromtarif für Zuhause im Programm. Sollten die Strompreise mit der Zeit nicht günstiger werden, wie Diess prognostiziert, könnten andere Hersteller ihre Elektroautos mit besonders günstigen Stromtarifen anbieten.
Mit eigenen Angeboten optimiert die Branche bereits das Gesamtpaket aus Elektroautos, Hausstromversorgung und mobilem Ladestrom. E-Autos sind perfekte Energiespeicher, sagte Diess WirtschaftsWoche. Sie können oft geladen werden, wenn Strom günstig ist, etwa über Nacht, und liefern Strom, wenn es teuer ist. Volkswagen will die Technologie für letztere ab 2022 erweitern. Künftig sollen E-Autos nicht nur das Stromnetz stabilisieren, sondern dem Besitzer auch Geld verdienen – und damit das Fahren eines E-Autos für ihn günstiger machen.