EINAm vergangenen Sinterklaas-Sonntag löste Bayern eine digitale Revolution aus, die zwischen dem Verbot von Glühwein und Ausreisebeschränkungen mehr Aufmerksamkeit hätte verdienen müssen. Denn in den Entscheidungen des Ministerrates der Corona-Pandemie In Punkt 9 heißt es zunächst eher hilflos: „Der Ministerrat betont erneut ausdrücklich die Pflicht der Gesundheitsbehörden jedes Bezirks oder jeder Gemeinde, die Infektionsketten vollständig zu verfolgen“ – als hätten die Arbeitnehmer ihre Zeit verschwendet die Zukunft verboten Glühwein. Die ernüchternde Feststellung wird jedoch von einer klaren, geradezu revolutionären Anweisung flankiert: „Die Gesundheitsbehörden müssen das digitale Programm ‚Sormas‘ in Bayern unverzüglich für das Pandemiemanagement und die Kontaktverfolgung verwenden.“
Bisher sollten Sie wissen, dass es auch neun Monate nach Ausbruch der Pandemie keinen Hinweis auf Einheitlichkeit gibt. Jeder Gesundheitsamt, und es gibt ungefähr 400 in Deutschland, arbeitet seinen eigenen Weg. Immerhin wurde für Bayern ein separates Programm erstellt, während andere Gesundheitsbehörden ihre digitale Infrastruktur selbst gekauft haben. Im Allgemeinen ist das System unvollständig, da kein Austausch zwischen Gesundheitsbehörden oder anderen Behörden stattfindet und es kaum automatisierte Schritte zur mühsamen Kontaktverfolgung gibt. Dies führt zu Ineffizienzen, manchmal sogar zu doppelten Einträgen, auf die Mitarbeiter gerne verzichten könnten.
Nicht genug digitale Hilfe
Wenn seit Wochen gesagt wird, dass die Gesundheitsbehörden überlastet sind, Kontaktpersonen nicht informiert werden, die Testkapazitäten erschöpft sind, liegt dies an der zunehmenden Zahl neu infizierter Personen – aber auch am Mangel an digitalen Geräten bei den Gesundheitsbehörden. „Deutschland ist weit davon entfernt, sein digitales Potenzial zur Bekämpfung von Pandemien auszuschöpfen“, sagte Pierre-Enric Steiger, Leiter der Björn-Steiger-Stiftung, einer Denkfabrik, die das deutsche Gesundheitssystem seit Jahrzehnten erheblich verbessert.
Das soll sich ändern, das haben die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits Mitte November entschieden. Bis Ende des Jahres sollten 90 Prozent der Gesundheitsbehörden mit Sormas zusammenarbeiten. Bisher tun dies nur 80 Büros in ganz Deutschland, und noch weniger nutzen bereits alle Funktionen. Das Gesundheitsamt von Neuss ist seit dem Sommer dabei und der Direktor Michael Dörr ist begeistert, wenn er darüber berichtet. „Sormas hat viel Erleichterung gebracht“, sagt er. Mit der Einführung ist der Frieden endlich wieder im Büro, die Mitarbeiter müssen nicht mehr mit Papierfetzen im Haus herumlaufen, sondern können sich auf ihre Arbeit auf dem Bildschirm konzentrieren, da jeder Zugriff auf die erforderlichen Daten hat. Auch von zu Hause aus.
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Von der ersten Aufnahme an hat Sormas einen Koronatest nie außer Sichtweite gelassen. Sie können jederzeit sehen, wo sich die Probe befindet. Das Ergebnis kann automatisch abgerufen werden Robert Koch Institut (RKI) kündigt das Ende des Faxes an – derzeit noch ein Symbol für digitale Rückständigkeit in Deutschland. Bisher sind Verzögerungen aufgetreten, als die Gesundheitsbehörden die Daten an die staatliche Behörde weiterleiten, die sie wiederum an das RKI weiterleitet.
Die Gesundheitsbehörden können in Echtzeit überwachen, wo sich Hotspots bilden. Darüber hinaus kann die infizierte Person ihr digitales Kontakttagebuch hochladen, sodass das Gesundheitsamt automatisch die Informationen aller möglichen Kontakte erhält. Die Überwachung des Verlaufs der Symptome, die die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden täglich hinterfragen mussten, könnte ebenfalls automatisch funktionieren. Umliegende Kreise sind ebenso gut informiert wie das Amt für öffentliche Ordnung, das entsprechende Quarantäneanordnungen erlassen muss. Das können Sie auch – auf Knopfdruck.